Unabhängig von der Größe oder der Altersstruktur oder des Milieus haben vitale Gemeinde sieben gemeinsame Merkmale, so haben wir es im Revitalisierungsprozess gelernt. Ganz im Sinne von Merkmal Nr. 7: „Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche. Wir machen Weniges gut und vermeiden Aktionismus.“ hatte die Gemeindeleitung Anfang 2023 beschlossen, dass wir nur wenige Extra-Veranstaltungen planen würden. Wir wollten uns weiterhin auf den Prozess konzentrieren.
Drei Flüchtlingsunterkünfte befinden sich im Umkreis von 800 Metern unserer Gemeinde. Ein Gemeindemitglied sagte vor einiger Zeit: „Wenn Gott uns schon diese Unterkünfte in die Nachbarschaft stellt, dann ist das doch ein Auftrag.“ Vor der Pandemie fand in unseren Räumen das Café der Nationen statt: Menschen unterschiedlicher Nationen begegnen sich. Sie lernen einander und die unterschiedlichen Kulturen kennen, sie spielen miteinander und lernen deutsch. In den Jahren 2020-2022 boten wir alternativ einen internationalen Gesprächskreis an, der jedoch nicht den Anklang fand wie das Café. Je mehr Corona-Regeln aufgehoben wurden, desto lauter wurden die Stimmen, die nach einer Wiedereröffnung des Cafés fragten – sowohl von der Menschen aus den Flüchtlingsunterkünften als auch von Gemeindemitgliedern. Nachdem sich ein kleines Kernteam zusammengefunden hatte, wurde das Café der Nationen im März 2023 wiedereröffnet. Von Anfang an wurde das Angebot von Geflüchteten unterschiedlicher Nationen und Einheimischen gut angenommen. Zeitweilig kamen bis zu 27 Personen.
In der Adventszeit erzählte Heike Kling mit Hilfe von Playmobilfiguren die Weihnachtsgeschichte als Fortsetzungsgeschichte. Jede Woche gab es einen kleinen Abschnitt – von der Ankündigung der Geburt Jesu durch den Engel über Josefs Traum und die Engelserscheinung bei den Hirten bis zur Geburt. Den Abschluss fand die Geschichte am Heiligabend nach der Christvesper: wir hatten zu einem gemütlichen Beisammensein eingeladen. Mit 30 Personen saßen wir zusammen und feierten Weihnachten, auf typisch deutsche Weise. Es gab unterschiedliche Kartoffelsalate und Würstchen zu essen. Wir sangen Weihnachtslieder, spielten ein Weihnachtsquiz und schließlich kamen die drei Playmobil-Weisen aus dem Morgenland auch noch vorbei.
Rund um den Reformationstag gab es zwei kleine Highlights im Gemeindeleben. Kurz vor dem Reformationstag probierten wir erstmals eine etwas andere Gottesdienstform aus: die Stuhlordnung wurde aufgehoben und die Gottesdienstbesucher saßen in Kleingruppen an Tischen zusammen. Anstatt einer Predigt gab es einige kleine Inputs. Das Motto des Gottesdienstes war: „Gottes Wort mit allen Sinnen erleben“. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit sich dem Wort Gottes auf unterschiedliche Weise zu nähern und sich dann in auszutauschen, ob und wie sich das Wort Gottes mit allen fünf Sinnen erleben lässt. Mit einer Gebetsgemeinschaft schloss der Gottesdienst. Die Resonanz auf diese Form des Gottesdienstes war so gut, dass wir sie in unregelmäßigen Abständen wiederholen werden. Am Reformationstag luden wir zu einer Filmvorführung ein. 60 Besucher sahen einen Film über Luther und stärkten sich, wie im richtigen Kino mit Popcorn, Chips, Flips und Saftschorlen.
Bei aller vermeintlichen und gefühlten menschlichen Kraftlosigkeit konnten wir im vergangenen Jahr erleben, dass Gott uns trägt und uns unser Gemeindeleben gestalten lässt. Trotz der Grenzen, die wir als Gemeinde haben, merken wir, dass wir lebendig sind. Gottes Heiliger Geist ist es, der uns vitalisiert. Der uns immer weitergehen und weiterleben lässt. Gottes Heiliger Geist ist es auch, der Einzelne neu belebt, der uns als Gemeinschaft neu kennenlernen lässt, der uns Vertrauen zu Gott und zueinander schenkt. Dafür sind wir von Herzen dankbar. Alle Ehre sei Gott!
Autor: Heike Kling
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Fotograf: Heike Kling
